About

Daniela Haitzler ist seit 1993 in der Werbung, die meiste Zeit davon hat sie in der Produktion verbracht. Schon 1997 stieg sie bei TBWA München zum Head of Production auf, seit 2004 bekleidet sie diese Position bei der Agentur Zum goldenen Hirschen in Berlin.

Weil es sie gestört hat, dass die besten Ideen immer im eigenen Haus sterben, wechselte Haitzler zu Beginn ihrer Karriere schnell von der Kreation in die Produktion. Ein Bereich, der prädestiniert ist für eine Frau, die sich für Papiere und deren Veredelung genauso begeistert wie für die Umsetzung eines Videoclips für einen Berliner Underground-Sänger. Dass ihr Denken in schnellen Lösungen dabei von Vorteil ist, liegt auf der Hand. Warum sie aber Bilder auf dem Agentur-Klo aufhängt, dass erzählt sie uns im Interview.

Der Producer ist das Bindeglied zwischen Kreativteam und Produzent. Da sitzt man oft zwischen den Stühlen. Auf der einen Seite die Kreativen, die sich Originelles, Teures ausdenken und auf der anderen der Produzent, der bestimmte – im Hinblick auf die kommerzielle Verwertbarkeit – Kriterien erfüllt haben will und die Kosten so gering wie möglich halten möchte. Ist das so richtig?

Es wird immer eine hohe Kunst sein, all diese Komponenten in Einklang zu bringen. Erstmal ist große Beratungskompetenz gefragt: Was braucht der Kunde wirklich? Dann muss die Idee auch ins Budget passen. Das ist sehr oft ein Balanceakt. Eine originelle Idee muss ja nicht immer teuer sein. Leider schalten viele Kreative den Gedanken an die Kosten sehr gerne aus. Mir liegt allerdings daran, Ideen nicht aus Kostengründen einfach sterben zu lassen, sondern gute Alternativen aufzuzeigen.

Was ist eigentlich der Unterschied zwischen einem Producer und einem Executive Producer?

Die Branche unterscheidet in agenturseitige FFF-Producer wie mich und Executive Producer, die für die Filmproduktionsfirmen arbeiten. Die drei F stehen für Film, Funk und Fernsehen. FFF-Producer betreuen den Film-, Funk- und Fernsehbereich einer Werbeagentur und verantworten in der Hauptsache Werbe- oder auch Imagefilme. Wir beraten die Kreativen bei der Ausarbeitung der Treatments oder Story Boards für Spots. Nach der Vergabe des Produktionsauftrages wird die Qualität der Aufnahmen und die Postproduktion überwacht. Allerdings hat nicht jede Werbeagentur FFF-Producer, kleinere Agenturen greifen in der Regel auf Freiberufler zurück.

Welche persönlichen Eigenschaften braucht man als Producer?

Flexibilität, Verhandlungsgeschick, Einfühlungsvermögen und Organisationstalent sind gefragt, da ich immer mehrere Kunden mit unterschiedlichsten Ansprüchen gleichzeitig betreue. Und sicherlich eine ganz große Leidenschaft zum Film.

Sie haben als Artdirector angefangen. Wollten Sie Producer werden?

Ich habe nach dem Kommunikationsdesign-Studium unbedingt auch kreativ arbeiten wollen und habe zunächst als Artdirector angefangen. Aber zu vieles hat mich im kreativen Prozess gestört und ich hatte nicht das Gefühl, dass ich im Agenturkontext wirklich frei und kreativ arbeiten kann, ohne dass sich jeder einmischen will. Die wirklich tollen Ideen sterben bekanntlich im eigenen Haus. Ich habe schnell und gerne die Umsetzung meiner Projekte übernommen, da ich mich mit den langweiligen Standards nicht abfinden wollte. Ich habe mich schon immer für Papiere, Materialien und besondere Veredelungen begeistern können und habe schnell erfahren, dass der Bedarf an solchen Beratungen für Kreative groß ist. Daraus ist dann ein Beruf für mich geworden.So erhalte ich mir große Freiräume, wenn ich selbst gestalte – das mache ich nur noch für Projekte, die mich wirklich interessieren.

Haben Sie einen Lieblingsbereich, Print, Film, TV?

Nach langen Erfahrungen im Print habe ich mich nun stark und mit ganzer Leidenschaft auf den Film konzentriert und mache auch mittlerweile ganz eigenständige Projekte. Ich hatte im Studium schon meinen Schwerpunkt in der Fotografie, so dass sich der Schritt zum Bewegtbild sehr natürlich ergeben hat.

Welche ist Ihre bisherige Lieblingsproduktion?

Die eigenen freien Projekte sind immer die Lieblinge. Im Bereich meiner Arbeit für die Agentur Zum goldenen Hirschen finde ich die Wahlkampfspots, die wir für Bündnis 90/Die Grünen gemacht haben, sehr gelungen. Mein Favorit ist der Dominospot, eine Mischung aus Echtdreh und Animation. Da hat einfach alles gestimmt, eine sehr engagierte Filmproduktion, sowie eine wunderbare kreative Zusammenarbeit mit meinem Kollegen Johann Kuchenbuch. Aber wir haben zusammen auch viele andere tolle Projekte realisiert.

Gab es schon mal eine Produktion, bei der NICHTS schief gelaufen ist?

Zum Schluss klappt ja doch immer wieder alles. Ein Satz, auf den sich die Kollegen nur allzu gern berufen und eigentlich stimmt das ja auch. Und ich denke lieber in schnellen Lösungen als in Problemen.

Sie setzen schlussendlich die Ideen der Kreativen um. Wie läuft das ab? Bekommen Sie ein Briefing und legen dann los oder gibt es vorher schon eine Zusammenarbeit?

Das ist immer teamabhängig. Manchmal steht die Idee fest und man kann sich direkt an die Umsetzung machen, in anderen Fällen entwickelt man Ideen gemeinsam. Es gibt Kreative, die sehr konkrete Vorstellungen haben, andere wiederum lassen viel Freiraum für gemeinsame Kreativprozesse.

Kreative beklagen oft, dass ihre Ideen schlecht umgesetzt werden. Ist es schon vorgekommen, dass ein Briefing vollkommen missverstanden und komplett falsch umgesetzt wurde?

Eine komplett falsche Umsetzung deutet auf eine sehr schlechte Kommunikation hin. Ich lege auch nicht mit meiner Arbeit los, wenn ich mich schlecht gebrieft fühle oder zu viele Unklarheiten bestehen. Bei den goldenen Hirschen lege ich sehr viel Wert auf gute und klare Abstimmungsprozesse. Das ist mein Verständnis von Teamarbeit.  Ein schlechtes Ergebnis wollen wir alle nicht.

Es ist immer sinnvoll, mit der Zusammenarbeit möglichst früh zu beginnen – um Ideen zu optimieren oder Budgets anzupassen und um Missverständnisse gar nicht erst aufkommen zu lassen. Auch ein Vorgespräch mit einem Regisseur führt zum kreativen Feinschliff, weil Agenturen oft nicht gewohnt sind, wirklich filmisch zu denken. Oftmals ist man aber vor vollendete Tatsachen gestellt. Die Präsentation ist schon gelaufen und der Kunde hat das Konzept gekauft. Dann ist man gezwungen, zu retten, was zu retten ist und setzt eine nur mittelmässige Idee um, das finde ich schade.

„Print ist tot.“ Wie schätzen Sie die Zukunft von Werbung in Print, TV, Online und Mobile ein?

Print wird sich verändern müssen, um auch in Zukunft attraktiv zu sein. Verlage haben da ihre Situation und Chancen falsch eingeschätzt. Es gibt neue, attraktivere Medien, die die Konsumenten aktueller und individueller mit Informationen versorgen. Auf diesen Zug wird auch die Werbung setzen, um ihre Zielgruppen besser zu erreichen. Und auch für Film gibt es nun neue und günstigere Lösungen, die vorher undenkbar waren. Selbst für kleine Budgets sind heute Filmproduktionen möglich. Für alle Bereiche gilt umso mehr: Ideenreichtum zählt, um sich vom Markt abzuheben. Wer jetzt Pionierarbeit leistet,  wird sicherlich zeitnah davon profitieren können. Übrig bleiben wird später nur, was Qualität hat. In einem solchen Prozess wird Unnötiges schnell aussortiert. Auch das gehört zu dieser schnelllebigen Zeit.

Bringt ein Gerät wie das iPad die Lösung oder stellt zumindest den Anfang einer Lösung dar?

Zunächst muss man festhalten, das Ding macht Spaß! Ich kenne keinen iPad-Besitzer, der wirklich unzufrieden mit dem Produkt ist. Das ist auch großer Teil des Erfolgsgeheimnisses. Sicherlich wird noch Einiges an technischen Optimierungsprozessen passieren müssen, bis alle Zweifler überzeugt sind. Für mich persönlich hat das iPad noch zu viele technische Einschränkungen und erscheint mir eher rückschrittlich im Vergleich zum Laptop. Aber man kann schon jetzt absehen, wo die Reise hingeht. Diesen Prozess wird man nicht aufhalten können. Verlage und auch die Werbung werden sehr zeitnah auf diese Themen und neuen Aufgabenstellungen eingehen müssen. Sonst wird wieder ein relevanter Trend verpasst, wie zuletzt unter anderem in der Musikindustrie geschehen.

Nutzen Sie mobiles Internet privat?

Ich habe mir erst vor kurzem ein iPhone zugelegt. Bin also eher Späteinsteiger, möchte aber die Vorteile wirklich nicht mehr missen.

Wie stehen Sie persönlich zum mobilen Internet? Man ist ständig erreichbar, Werbung und Marketing erreichen jeden, und das überall. Siehen Sie Ihre Ruhe und Privatsphäre gefährdet?

Für Privatsphäre, genügend Weißraum und Ruhe zu sorgen, liegt in der eigenen Verantwortung. Die technischen Möglichkeiten und Ablenkungen erweitern sich ständig. Da ist der sinnvolle und bewusste Umgang damit gefragt, sonst rennt man ganz virtuell am echten Leben vorbei.

Was ist die Loo Gallery?

Die Idee zur Loo Gallery kam mir sehr spontan. Normalerweise mischen sich Werbung und Kunst nicht. Kunst fragt nicht, wo sie sein darf. Sie bahnt sich einfach einen Weg, auch an ungewohnten Orten. Das wollte ich zeigen und habe ungefragt und ohne Ankündigung auf der Agenturtoilette ganz wunderbare Künstler ausgestellt. Mir hat gefallen, dass das Projekt sehr provoziert und polarisiert hat. Interessanterweise hat es vielen Künstlern und auch Galeristen sehr gefallen, obwohl es ja auch gewissermassen den gewohnten „Kunstzirkus“ in Frage stellt. Ich werde immer noch viel danach gefragt. Und ein Folgeprojekt kann ich mir sehr gut vorstellen.

Sie haben einen Videoclip für den Berliner Underground Sänger und Songwriter Maximilian Hecker produziert. Es ist davon auszugehen, dass das eine Low Budget Produktion war. Braucht man die Kunst als Ausgleich zur Werbung?

In der Tat fällt auf, dass immer weniger gute Musikvideos produziert werden. Ich bin ein Kind der MTV Generation und war immer fasziniert von dem Genre, in dem in so kurzer Zeit kleine Geschichten erzählt werden können. Ich kenne Maximilian einige Jahre und habe mich gefreut, ihn für diese Idee begeistern zu können. Ich arbeite am liebsten mit Menschen zusammen, die eine große Leidenschaft für ihre Arbeit mitbringen. Für mich bedeutet die Realisierung eigener Visionen immer großes Glück und einen gesunden Ausgleich zur Werbung. Das darf manchmal ein Musikvideo sein, manchmal ist es Kunst.In Agenturen wird viel zu viel in Schubladen gedacht. Ich lasse mich in keine stecken, dafür bin ich zu vielseitig und werde auch in Zukunft so arbeiten.

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